Donnerstag, August 07, 2008

Norman Eschenfelder und das Grab des Roten Barons

Heute ging ich mit meinen beiden Klassenkameraden Philipp und Matthias auf eine kleine Exkursion durch Wiesbaden.
Philipp interessiert sich sehr für die beiden Weltkriege, er ist aber kein Perversling, der Uniform aufträgt und Gasmasken aphrodisierend findet. Er las gestern ein wenig in Wikipedia, den Artikel über Manfred von Richthofen, da sagte er zu Matthias und mir: "Manfred von Richthofen ist in Wiesbaden beerdigt!"
Auf dem Südfriedhof.
Ich sagte sofort: "Oah, guck gleich bei Google Maps."
Wir suchten unsere Schule und zack, da war der Friedhof, vielleicht ein Fußweg von 300 Metern, schätzten wir.
Sofort war der Beschluss gefasst, dass wir das Grab des Roten Baron suchen wollten. Warum auch immer.
Heute nach der Schule (Wir hatten 7 lange Stunden!) gingen wir, bepackt mit Notebooktaschen und Rucksäcken los, kämpften uns durch die drückende Hitze. Regen stand bevor und uns lief der Schweiß.
Hatten wir den richtigen Weg eingeschlagen?
Wir liefen und liefen, der Weg zog sich hin. Waren es doch mehr als ein paar Hundert Meter.?Ich zupfte alle zehn Schritte an meinem Hemd, meine Taschen ließen es in alle Richtungen verrutschen. Ich tupfte meine Stirn mit dem hässlichen Bandana ab und lachte über jeden noch so blöden Witz, auch über meine blöden Witze.
Zu Dritt nebeneinander kann man nicht auf dem Bürgersteig gehen, wir umschwärmten uns, einer fiel zurück, einer schloss auf. Die Häuserreihen zogen vorbei. Wiesbaden ist nicht unbedingt unsere Traumstadt, stellten wir fest. Wenn wir näher zur Arbeit ziehen wollten, würden wir wohl lieber nach Mainz gehen, als nach Wiesbaden. Bäh! Wiesbaden!
Die Leute sind alle unfreundlich und die Stadt ist nicht schön. Früher war sie das sicher mal, da war sie noch als Nizza des Nordens bekannt und beherbergte Casinos. Wiesbaden war das Las Vegas des 19. Jahrhunderts. Große Männer und Frauen zog es hierher und deshalb ist Wiesbaden noch immer sehr "reich". Dostojewski verpulverte hier seine Rubel und schrieb dann "Der Spieler".
Wir schwitzten.
Jetzt ging es bergauf und wir wechselten die Straßenseite. Etwas, was in Wiesbaden einfach so nicht funktioniert. Autos-Autos-Autos! Wir standen unendliche Augenblicke, ehe wir genug Luft zwischen den rasenden Karossen sahen um schnell hinüber zu rennen.
Dann ging es weiter, weitere 200 Meter bergauf, befand sich rechts der große Eingang, das Tor, Friedhofsgärtnerei, gegenüber die Bushaltestelle (Linie 16).
Ach ja, sagte ich schon, dass wir schwitzten?
Wir lief an Trauergästen vorbei und mich überkam ein unangenehmes Gefühl.
Die Anlage war augenscheinlich riesig.
Lese gerade auf Wikipedia, dass sie 330.700 Quadratmeter groß ist. Alles ist sehr weitläufig und es ist unmöglich etwas zu finden, das man nicht bereits kennt. Was hatten wir erwartet?
Ich meinte, wir sollten uns aufteilen. Ich fragte, ob jeder sein Handy dabei habe. Natürlich hatten sie das, wir trennten uns auch, aber eher unfreiwillig. Ich gebe zu, ich verlief mich in den geschlungenen Pfaden, zwischen den zum Teil haushohen (Okay, gartenhaushohen) Grabsteinen.
Ich lief zurück, lief dorthin, wo ich meine Freunde das letzte Mal gesehen hatte und hätte sie auch fast gerufen. Mmh, verdammt, dachte ich. Ich kann doch nicht rufen, wir sind auf einem Friedhof. Also pfiff ich.
Da kam mir ein alter Mann entgegen.
Ich zog den Kopf ein und marschierte weiter, mit meinem schweren Bundeswehrjägerrucksack (Super Qualität und wollt ihr wissen, warum ich ihn gekauft habe? Er sieht fast so aus wie der von Indy in "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels!) und meiner Umhängetasche. Wir waren ja alle ordentlich bepackt, aber vielleicht ist das auf einem Friedhof, der größer ist als so mancher Zwergstaat, kein seltener Anblick. Irgendwie muss man ja sein Zelt transportieren, wenn man Opas Grab im hintersten Eck des Friedhofs besuchen will, zu Fuß. Ein 3-Tagesmarsch, selbst zu Pferde. Überhaupt war es scheinbar ein dummer Gedanke, die Pfade entlang zu wandern. Schließlich gab es ja Taxis auf dem Friedhof...
Da fiel mir mein Handy ein, ich wählte Philipps Nummer, natürlich ging er nicht ran.
Ich wählte ein paar Minuten noch einmal und schlug mich durch das Gebüsch, leider hatte ich keine Machete bei mir. Ehe ich mich weiter verirrte, blieb ich in Sichtweite des Hauptgebäudes, durch das wir gekommen waren. Ich versuchte es noch einmal und dann lief ich noch einmal quer über die Anlage, vorbei an mehr Gräbern, als ich in meinem ganzen Leben je gesehen habe und dabei spielten wir früher schon gerne Verstecken auf dem Friedhof.
Kein Matthias und auch kein Philipp und erst recht kein Roter Baron.
Das gefiel mir nicht. Ich schrieb die dritte SMS in meinem Leben und sie lautete: "ICH BIN GEGANGEN BIS MORGEN NORMAN".
Ich grummelte vor mich hin und ging dann wirklich. Bergab ging der Weg beschwingter und um meine Laune aufzubessern suchte ich auf meinem MP3-Player Bob Marley. Es lief gerade "No Woman No Cry", als meine Mutter mich anrief und ich ihr sagte, wo ich war und das es später werden würde.
Ich steckte mein Handy weg und wickelte mir aus meinem Bandana ein Stirnband, ich verknotete es zweimal und da sah ich einen großen Knochen aus der Erde ragen, an der Böschung zum Friedhof. Ich hätte ihn mitnehmen sollen... um herauszufinden, ob es ein Menschenknochen war. Die Wahrscheinlichkeit war groß.
Ich lief die Straße so weit hinab, wie es ging, dann kreuzte sie sich mit einer anderen und ich wusste wieder wo ich mich befand. Diese Strecke kannte ich schon, da hatte ich mal den falschen Bus erwischt, aber das ist eine andere Geschichte ;-)
Todesmutig überquerte ich die beiden zweispurigen Straßen, kam lebendig drüben an und stand vor dem Eros-Center. Das Bordell sah runtergekommen aus und ich sage deutlich und mit Nachdruck: Das war nicht mein Ziel! ;-) Das Gebäude rechts davon war nämlich der Burger King und ich trat gerade in die kühle Fritten-Luft, als mein Handy wieder klingelte.
Es war Philipp und wir vereinbarten, uns im Burger King zu treffen.
Der Burger King in Wiesbaden ist so ziemlich der beschissenste, den es gibt. Die Bedienung ist die unfreundlichste, das Männer-WC ist (Juchuuu, danke Gleichberechtigung!) im zweiten Stock und man kann keine Gutscheine aus anderen Burger Kings einlösen, weil die gruseligfrisierte Bedienung das Lesen gelernt hat. Natürlich füllen sie einem auch das Getränk nicht nochmal auf. In Bad Kreuznach sei das ganz normal, sagte Philipp.
Nein, natürlich können die Burgerbrater woanders auch lesen, sicher, aber sie scheren sich für gewöhnlich einen Dreck um die Filialaufdrucke. Ist doch ohnehin alles ein Unternehmen!
Unsere Gutscheine wurden nicht eingelöst und wir mussten umdisponieren. Blöd.
Dann ging der Regen los und die Luft wurde noch stickiger.
Wir warteten weiter vergeblich auf unsere Country Potatoes und sahen die Eiswürfel in der Wassercola die Cola besiegen.
Irgendwann fiel dem Filialleiter wieder ein, dass der Typ mit dem Stirnband ihn nicht anschaute, weil er so einen schönen Vokuhila hatte und er brachte uns dann unsere Potatoes.
UUUUHHH! Vokuhila.
Vorne kurz hinten lang. Zusammen mit den Hosenbeinen in den Socken und gefakten Ed-Hardy-T-Shirts ist das jetzt der letzte Schrei. Jeder zweite Wiesbadener läuft so rum. Der andere Wiesbadener ist zumeist eine alte Frau, die ein Kopftuch trägt, aus religiösen Gründen, die niemand verstehen kann. Es war etwa 40 Grad in der Sonne!
Ein Reinfall auf der ganzen Linie, wir haben den Roten Baron nicht gefunden. Dafür aber die Prinzessin von Belgien und die Kammersängerin.
Zum Glück sind noch zwei Wochen Schule.

Ich bin so geladen, weil ich den ganzen Morgen mit dem Monder-Virus kämpfte.
Alle Anti-Spamware, Anti-Malware und Anti-Virensoftware scheiterte und ich konnte erst mit Linux Ubuntu in der Schlacht siegen. Der Krieg ist noch nicht entschieden... womöglich versteckt er sich irgendwo noch!
Verdammte Virenprogrammierer, wahrscheinlich tragen die auch Vokuhila oder so wie Matthias meinte:
Vokahika.
Vorne Kacke hinten Kacke.

So, komm mal wieder runter Norman... ich hatte viel Spaß mit meinen Kumpels und jetzt bin ich bei meinen Großeltern und gegenüber in der Kneipe ist Schnitzeltag. Na, wenn das nicht doch noch ein guter Abschluss wird ;-D

2 Kommentare:

Fenryl hat gesagt…

Nett geschrieben, allerdings spielst du mir zu wenig mit Metaphern, nutzt kaum bildliche Vergleiche. Ist mir auch bei deinen anderen Werken aufgefallen.

Zum Thema Kopftuch: Probier's wirklich selbst mal aus, vorausgesetzt, du kennst die Wickeltechnik und kannst mit den Blicken leben. Wüstenvölker vermummen sich nicht umsonst, denn die Gewänder sind luftiger als man denkt. Selbst schwarze Kleidung ist sinnvoll.

Norman Eschenfelder hat gesagt…

Danke für deinen Kommentar.

Hab den Text einfach eilig runtergetippt und nicht einmal korrigiert. Mit Metaphern habe ich es wirklich nicht so, da hast du Recht.
Ich werde ein Augenmerk darauf haben und sehen, ob es sich für mich richtig anfühlt.

Zum Thema Kopftuch: Es sollte in keinem Fall diskriminierend sein. Hab in der üblen Hitze letzte Woche ein Kopftuch getragen... es wurde mir zu heiß unter dem Tuch und hab es deshalb als Stirnband angelegt. Damit lief mir der Schweiß nicht mehr in die Augen.