Donnerstag, April 24, 2008

Es war für mich ein Morgen wie jeder andere.

Wecker Nummer Eins reißt mich aus dem Schlaf.
Wecker Nummer Zwei verhindert, dass ich wieder einschlafe.
Ich stehe auf, torkele ins Bad, stoße mich im Dunkeln an Schränken und reiße fast den Wäschetrockner mit.
Ich mache alle Dinge, die man so im Bad tut und trockne mir die Haare vor dem Heizluftgebläse, der Fön ist einfach zu laut. Ich bin ja der erste, der wach ist und ich möchte niemanden zu früh wecken. Dafür sind jetzt aber den Rest des Tages meine Augen trocken.
Ich hüpfe in die Küche, es ist 5:35, ich schmiere meine Brote und ziehe mich dabei an.
Meine Mutter steht auf und fährt mich zum Bahnhof. So läuft es meistens ab.

Ich war wie immer auf eine lange Zugfahrt vorbereitet, aber nicht auf diese!
Gefühlte 10 Stunden von Alzey nach Koblenz, mit nur einem Umstieg in Bingen.
(Genug Zeit um "Indiana Jones und der Tempel des Todes" zu Ende zu lesen. Ein schrecklich schlecht geschriebenes Buch, der Autor James Kahn nahm augenscheinlich einfach das Drehbuch und formulierte die Regieanweisungen in ganze Sätze um.)
Ab und zu sah ich raus und genoss die malerische Rheinlandschaft, Burgen, Denkmäler, Weinberge und schmutzige Lastkähne auf dem stillfließenden Wasser.

In Koblenz sprang ich als erster aus dem Zug und dann ging es im Marschschritt durch den Bahnhof, ich hatte ja einen Termin und ich hasse es unpünktlich zu sein. Ich fand die richtige Buslinie sofort und erkundete dann in der Wartezeit die Umgebung.
Nach einer halbstündigen Fahrt mit der Buslinie 20 und ungezählten Stopps, kam ich schließlich am Bundeswehrkrankenhaus an.

Nach meiner Musterung, bei der ich meine diversen Allergien angegeben hatte, bekam ich ein Schreiben vom Kreiswehrersatzamt, ich solle mich am 23.04 um 9 Uhr im Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz zur "Feststellung der Wehrdienst- und Verwendungsfähigkeit hinsichtlich der von Ihnen genannten Allergien" einfinden.

Ich war pünktlich, erfreut darüber püntktlich zu sein und knallte ein Schreiben am Empfang auf die Theke ("Hallo, ich habe einen Termin."). Also schickte die Frau mich in die zweite Etage, rechts zur Dermatologie. Ich rannte die Treppe hoch, ich war zu aufgeregt, um normal zu laufen. Oben dann eine Schlange, ich reihte mich ein, stellte fest, dass es die Schlange zur Urologie war und ging dann einfach in die Anmeldung zur Dermatologie rein. Ich war verwirrt, denn an der Tür stand zwar Anmeldung, darunter allerdings Anmeldung in Raum 11 und das war die Anmeldung zur Urologie, vor der alle standen.
Egal, ich war dann dort im Büro (Hallo, ich habe einen Termin!) Der junge Mann fragte mich ob ich Robin Irgendwas sei.
"Nein, ich bin nicht Robin. Norman Eschenfelder."
Ich zeigte ihm mein Schreiben und er bat mich im Wartezimmer Platz zu nehmen. Im Gang standen Männer, im Wartezimmer waren alle Plätze belegt, so mancher stand auch da rum, sah sich seine Schuhe an, die Wand, die Decke, die gerade aufgerissen wurde, weil irgendjemand Kabel verlegen musste.
Ich lehnte mich in der Tür an und las weiter, bis ich einen Sitzplatz bekam.
Dann saß ich und las.

"Herr Eschenfelden?"
"Ja."
"Eschenfelden oder Eschen..."
"Eschenfelder."
Der Arzt stellte sich vor. Wir gaben uns die Hand.
"Kommen sie bitte mit."
Vorbei an mehreren Untersuchungszimmern, öffnete er eine Tür, trat ein und sagte sofort: "Bitte, setzen sie sich."
Dem leistete ich folge und war froh, endlich, nach über zwei Stunden, aus dem Wartezimmer heraus zu sein. Ich hatte inzwischen weiteres Buch angefangen, "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (Viel besser als die vorherigen Teile!) und schon zur Hälfte durch. Das Aufklärungsposter über Melanome hatte ich auch schon fast durch...
Ich war mehrmals weggenickt, sein Aufruf hatte mich gerade geweckt.
"So, dann erzählen sie mal."
"Von meinen Allergien?"
"Ja, bei ihrer Musterung wiesen sie auf Nahrungsmittelallergien hin."
"Ich reagiere allergisch auf Nüsse." Ich zählte auf und an den Fingern ab: "Haselnüsse, Walnüsse, Erdnüsse."
Er sagte: "Nüsse." Sah mich an und schrieb es auf die Rückseite eines Dokumentes, das meinen Namen trug. Es war die Überweisung des Kreiswehrersatzamtes an das Krankenhaus.
"Wie äußert sich das bei ihnen?", fragte er.
"Ich habe früher gern Snickers gegessen, aber dann schwoll mir der Hals von den Erdnüssen zu und ich bekam kaum Luft. Ein Kratzen im Rachenraum. Laufende Nase. Das habe ich inzwischen auch öfter wieder beobachtet."
"Was noch?"
"Pollenallergie."
Er zählte ein paar Gräser auf und Birke sagte er, das weiß ich. Er sagte noch mehr, das ich nicht verstand, weil es lateinisch war.
Ich sagte: "Ich denke schon. Ich bekomme Schnupfen, Heuschnupfen."
Der Doktor nannte die wissenschaftliche Bezeichnung erneut und sagte, das heiße Heuschnupfen.
Ich nickte nur. "Von mir aus."
"In welchem Zeitraum tritt das auf."
"Ja... jetzt." Mir lief schon den ganzen Tag die Nase.
"Welche Monate?"
"Mmh, März, April, Mai. Aber dieses Jahr ist es noch nicht so schlimm."
"Worauf reagieren sie noch."
"Ich bin allergisch gegen Klebstoffe. Heftpflaster. Ich hatte vor Kurzem eine Verstauchung und der Arzt machte mir so ein Tape dran, ich bekam von diesem Verband einen mörderischen Ausschlag. Das zog sich dann über den ganzen Körper. Quaddeln am Rücken, überall. Das war im Endeffekt schlimmer als die Verstauchung."
Ich sprach noch von meiner Reaktion auf Süßstoff, dem Ausschlag, der hart und wie eine Elefantenhaut wird und der Wassereinlagerung in meinem Daumen, die ich durch die kaputte Haut und die Bläschen pressen konnte.
"Haben sie schon einmal einen Allergietest gemacht?"
"Nein. Noch keinen."
"Sie sind Abiturient? Da hat man keine Zeit."
"Nur Fachabi."
"Fachabiturient? Also sind sie Abiturient und hatten wichtigeres zu tun."
Auf meiner Stirn standen Fragezeichen.
"Naja, ich mache eine Ausbildung..."
"Ich gehe jetzt nach nebenan und spreche mit unserem Chefallergologen."
"Ok."
"Bis gleich."
Er ging, ich war wieder am wegdösen, weil er mich zehn Minuten lang sitzen ließ und dann kam er zurück. Er lächelte.
"Sie sind ja eine richtige Schatztruhe.", sagte er strahlend.
"Wie bitte?"
"Wenn man sie aufmacht, findet man viele Schätze. Sie haben da eine stattliche Anzahl an allergischen Reaktionen."
Ich sah ihn verwirrt an.
"Sie werden vielleicht stationär begutachtet werden müssen. Wir setzen sie auf eine Reisdiät."
Meine Augenbrauen gingen hoch. "Aha."
"Sie würden dann hier eine Schlafmöglichkeit bekommen."
"Wie lange wäre das?", fragte ich und ahnte Schlimmes.
"5 bis 6 Tage."
"Oha."
Er nahm mir Blut ab und es machte mir nichts aus, die Nadel in meinen Arm dringen zu sehen. Ich war überrascht, wie ruhig ich blieb. Ich war über das viele Blut überrascht. Mit einem Tupfer drückte er auf die Stichwunde. "Halten sie das gedrückt.", sagte er.
Ich übernhahm den Tupfer und fragte nach drei Sekunden: "Reicht das."
"Nein, halten sie ruhig noch gedrückt."
"Ok."
Er nahm ein Hansaplast in die Hand.
Ich nur: "Ähm, Heftpflaster..."
"Ah, tut mir leid.", er lachte kurz. "Dann machen wir besser nichts drauf."
"Ja, denke ich auch."
Ich wusch mir die Hände, sagte Tschüss und ging, ich warf den Tupfer weg, sagte ihm, ich hätte schon weitaus schlimmere Wunden als diese gehabt und zog mich im Gehen an.

1 Kommentare:

Lando hat gesagt…

wow.. wann machst dud enn diesen test?