Montag, Dezember 29, 2008

Extra Scharf

von Maria Beaumont

Ich würde nie einen Frauenroman lesen!
Niemals!

Aber ich habe es doch getan, doch ich kann das erklären. Ich habe einen guten Grund!
Maria, die Autorin, ist die Frau von Matt... Ach ja, Matt... der wollte mir doch eine Autogrammkarte schicken.


Mmh, nö, ich zieh das heute mal anders auf!

Ich lese häufig thematisch oder stilistisch sehr ähnliche Bücher nacheinander. So hab ich jetzt "Extrascharf" von Maria Beaumont gelesen und dann im Anschluss "Vollidiot" von Tommy Jaud.

Gemeinsam haben diese beiden Bücher, dass ich sie für ein paar Euro bei ebay ersteiget hab und das sie lustig sind und das mehr oder minder bemüht. Beide Bücher stehen für ein geschlechtsspezifisches Genre der modernen Unterhaltungsliteratur. Den Frauen- bzw. Männerroman. Beide Bücher nehmen kein Blatt vor den Mund, bleiben aber leider zu züchtig, werden aber nicht unnötig ausfällig und geschmacklos wie etwa Charlotte Roches "Feuchtgebiete", die ich angelesen habe, aber nicht fertig lesen werde, weil das Buch einzig und allein provozieren möchte, wie Madonnas Werk der 80er Jahre. Die Blütezeit von Stahl-BHs und androgyner Erotik. Ich mag offensive, billige Provokation nicht. Punkt.
Sowohl "Vollidiot", als auch "Extra Scharf" sind Komödien in klassischer Lesart, beide handeln von jungen Arbeitnehmern in einer persönlichen und beruflichen Schieflage, die sie meistern müssen.

Ich mache eine Gegenüberstellung!

"Extra scharf"
oder wie der Titel meiner Ausgabe es schreibt: "Extra scha(r)f"
Was das heißen soll, diese Klammer? Ich weiß es nicht, es ist ein sinnloser Rückbezug auf das schlechtgestaltete Titelbild. Wer denkt sich so einen Mist aus?
In dem Roman geht es um eine junge Engländerin mit griechischen Wurzeln, was sich mit dem Curriculum Vitae der Autorin selbst deckt, die ebenfalls griechische Vorfahren hat. Eben noch stand Fitnesstrainerin Charlotte Charalambous mit ihrem schwulen Kollegen Daniel im Büro des Chefs und zog sich eine Line Koks in die Nase, als sie auch schon zur neuen Geschäftsführerin DES IN-FINTESSTEMPELS Londons überhaupt gemacht wird. Nun, das Koks war Aspirin und auch sonst ist nicht alles, wie es scheint. Mit 24 zur Geschäftsführerin zu werden überfordert die gute doch ein bisschen und so verlaufen die nächsten Tage unglaublich hektisch und chaotisch. Sehr amüsant zu lesen, das ganze. Dann verliebt sie sich in Karl Benjamin, Vortänzer bei Blaize DEM Popstar des Tages und dann wollen ihre Eltern die gute auch noch unter die Haube bringen und sie mit einem Arzt verkuppeln, den sie schon mal gar nicht leiden kann, den ihre wesentlich jüngere Schwester aber toll findet... Stop, was war da in dem Zimmer gelaufen! Nein! Sie hatte doch nicht.... mit dem Doktor!! Dieses Schwein, sie ist doch noch ein Kind!
Nun, Charlie verwandelt sich unter dem Druck ihrer Eltern in eine Superschlampe und vögelt den unbekannten schwarzen Tänzer auf einem Behindertenklo in einer Bar. Ah, dafür sind also die Griffe gut! Eine Menge weiterer Figuren tauchen auf, Charlie hat eine Freundin, die eine viel bessere Tänzerin ist als irgendeine andere Tänzerin und blablabla... es gibt sauviel weibisches Geschnatter, es geht nur so hin und her, ich hab auch "Sex and the City" gerade so ertragen...
Ihr Vater rührt da wieder etwas mit dem Arzt an, indem er einen Herzinfarkt vortäuscht. Peinlichkeiten über Peinlichkeiten für die arme Charlie und es ist wirklich köstlich das ganze mitzuerleben, mit ein wenig Distanz, Schadenfreude und Mitgefühl. In ihrer Haut möchte man nicht stecken. Dann geht scheinbar wirklich die Welt für sie unter, ach, es passiert soviel, aber verraten sei noch: Am Ende ist alles gut. Klar.
Denn das hier ist ja kein Männerbuch.
Es will bei der überwiegend weiblichen Leserschaft ein positives Gefühl abliefern, das kann das Buch. Soviel dazu...

Uuuuuuuuuund in der linken Eeeeckeeee: VOLLIDIOOOOOT!

Tommy Jauds Bestseller hat zwei weitere Bücher nach sich gezogen, die ich zunächst für Fortsetzungen hielt, aber nur das dritte Buch, sein neuer Roman "Millionär" ist eine Fortsetzung von "Vollidiot". Das Werk dazwischen, "Resturlaub", ist meines Wissens nach unabhängig von den anderen.
Das Buch wurde ja wirklich gehypet, hier auf der Spiegel-Bestsellerliste, da im Fernsehen, dann noch die Verfilmung mit Anke Engelke und Berufsarschloch Oliver Pocher. Ich weiß nicht, was ich von dem Pocher halten soll. Eigentlich ist er ja ein Arsch und ich halte ihn für weit überschätzt. Na, ich bin mal auf den Film gespannt, der wird ja bald auf Sat.1 oder RTL laufen.
Nun, das Buch ist nicht schlecht.
Es geht um T-Punkt-Futzie Simon Peters. Eine Flachpiepe, ein Loser, ein Ikea-Kunde, ein VOLLIDIOT. Er ist fast 30 und sehr deprimiert darüber, dass er noch immer kein Millionär ist. Er hat aber auch nie etwas dafür getan, einer zu werden. Er ist wirklich nicht besonders sympathisch und ich identifizierte mich so gut wie nicht mit ihm. Pocher muss einfach die Idealbesetzung für ihn sein.
Simon lebt von der Hand in den Mund, hat Schulden über Schulden und seine Freunde sind anders als er, aber auch nicht besser. Er spricht schlecht von ihnen und man muss annehmen, dass sie das auch tun. Vielleicht sogar, wenn er dabei ist.
Er ist unsterblich in das Milchaufschäumermädchen vom Starbucks, gegenüber seines T-Punkts, verliebt und da er Irakkrieggegner ist, geht er nicht rein um sie anzusprechen. Aber das ist nur ein Vorwand, er findet immer wieder einen Vorwand sich seinem Leben nicht zu stellen.
Sie muss schon eine wirklich sehr schöne Frau sein, so wie er sie in den Himmel hebt. Sie hatte irgendeinen spanischen Namen als Vor und Zunamen Gonzales Gonzales oder so.
Warum fällt es einem Mann so schwer seine Traumfrau anzusprechen? Er spricht doch den ganzen Tag mit Männern und Frauen. Wo ist der Unterschied?
Nun, Simon weiß es nicht. Ach ja, die kursiven Sätze sind nur sinnbildlich aus dem Buch entnommen, nicht wörtlich.
Irgendwann schafft er es dann, sie anzusprechen und er lädt sie sogar geschickt auf ein Fanta-4-Konzert ein. Dort muss er dann feststellen, dass sie nichts für ihn empfindet und eine blöde Kuh ist. Aaah, ich hasse diese blöde Schnepfe. Hier fällt es dem werten Leser nicht schwer, mit Simon mitzuleiden. Tommy schreibt einfach gut, das muss man ihm lassen. Früher war er Gagschreiber bei der "Wochenshow" und später Creative Director bei "Ladykracher". Zusammen mit "Pastewka" waren das die besten Comedy-Produktionen die Sat.1 je hervorgebracht hat.

Sollten mir Tommy Jauds weitere Bücher in die Hände fallen, werde ich sie mir wohl kaufen, aber das nur aus Solidarität mit ihm und weil er mir ein paar Lacher verschafft hat. So überragend war Vollidiot ja nicht. Aber vielleicht ist es das gerade, was das Buch so zur Ausnahme macht. Es ist ehrlich und nicht nur glaubwürdig, es ist realistisch und zwar so sehr, dass die Handlung langweilig gewöhnlich ist. So etwas könnte mir jeden Tag passieren, nur, dass ich nicht so ein großer Vollidiot bin (hoffe ich).
Das unterscheidet es von "Extra scharf", hier geht viel schief und das auf eine übertriebene Weise, manche Szene... naja, keine jumped-the-shark, aber sie sind nicht so alltäglich und glaubwürdig.

Hab ich es diesmal wieder gut hinbekommen, die Bücher madig zu machen? Ich will nicht zuviel verraten, aber doch das Wesentliche rüberbringen.

Jetzt die Noten:

"Extra Scharf" kriegt eine 2 mit *-Sternchen, aber noch den Kommentar: "Achte mehr auf den Spannungsbogen!"

"Vollidiot" bekommt eine 2, eine glatte 2 und Tommy darf sich setzen.